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KISDconference: Grow | Degrow. Design between Excess and Calculus
Zeit und Ort
Datum und Uhrzeit
Veranstaltungsort
KISD - Köln International School of Design Ubierring 40 50678 Köln Germany
Karte und Wegbeschreibung
Wegbeschreibung
Beschreibung
*English version below*
Grow | Degrow.
Design between Excess and Calculus
Interdisziplinäres Symposium am Freitag, 20. Mai 2016 an der KISD
Am Freitag, 20. Mai 2016 lädt die Köln International School of Design der Technischen Hochschule Köln zum Symposium „Grow | Degrow. Design zwischen Exzess und Kalkül“ ein. Aus verschiedenen disziplinären Perspektiven tauschen sich Wissenschaftler/innen und Gestalter/innen an diesem Tag über die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Postwachstumsökonomie aus und diskutieren gestalterische Positionen und spekulative Projekte zum Umgang mit endlichen Ressourcen.
Der Exzess ist total. Die moderne Wirtschaft lebt strukturell von Maßlosigkeit, die sich in der hochspekulativen Finanzwirtschaft, der Notwendigkeit eines stetigen Wachstums, der Forderung nach steigenden Gewinnen und dem immensen Konsum zeigt. Längst nicht mehr nur die westlichen Gesellschaften werden durch ihren hohen Verbrauch von Gütern und Ressourcen mit einer enormen Umweltbelastung konfrontiert, die weitgehend ohne Kontrolle oder Steuerung ihres Ausmaßes und ihrer Folgen voranschreitet. Die lange gehegte Hoffnung, dass wirtschaftliches Wachstum durch technischen Fortschritt nachhaltig oder klimafreundlich gestaltet werden kann, schwindet.
Zugleich kündigen sich gewaltige systemische Veränderungen an, die mit dem Ende der historisch einmaligen Wachstumsepoche verbunden sind, welche vor 200 Jahren als Folge der Industrialisierung begann. Vor allem Klimawandel, Verknappung fossiler Energien, demografische Alterung und Rationalisierungen im Dienstleistungssektor gelten als Ursachen für aktuelle und zukünftige Schrumpfungsprozesse, die unmittelbar Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nehmen. Dennoch wird scheinbar ungebrochen an der für alternativlos gehaltenen Wachstumslogik festgehalten. Wachstum scheint ein Dogma und Versprechen zu sein, das mit dem Primat der Leistung einhergeht und Erfolg an der Fähigkeit bemisst, sich immer wieder selbst zu übertreffen. In diesem Sinne werden alle Akteure der Gesellschaft fortlaufend zu neuen Höchstleistungen und steigender Rentabilität angehalten. Die Proteste gegen die permanente Forderung nach Wachstum werden immer lauter.
Sie richten sich gegen das Prinzip der anhaltenden Wertsteigerung, gegen die Auswüchse des Massenkonsums, gegen Materialverschwendung, gegen Umweltverschmutzung. Seit den Auseinandersetzungen der Umweltbewegungen in den 1970er und 80er Jahren ist nicht mehr in solcher Intensität über den richtigen Umgang mit vorhandenen Ressourcen nachgedacht worden wie in den vergangenen Jahren. Zahlreiche Ansätze und Konzepte entwickeln dabei vielversprechende Perspektiven auf alternative Formen des Wirtschaftens und Nutzens. Die Frage nach Lösungsmöglichkeiten richtet sich längst nicht mehr nur an Natur- und Technikwissenschaften, sondern vermehrt auch an die Gestaltungsdisziplinen. Welche Rolle kann Design in diesem strukturellen ökonomischen Wandel spielen? Wie lässt sich Design im „Zeitalter des Menschen“ – des „Anthropozän“ – verstehen, das als eigene von der Industriegesellschaft geprägte geologische Schicht verstanden wird?
Versuche, der Forderung nach ökonomischen Wachstum und technologischer Innovation zu entkommen, sind spätestens seit der Veröffentlichung des kritischen Berichts Limits of Growth des Club of Rome (1972) und der ersten Ölkrise (1973) auch ein Thema der Gestaltung. Im Zuge von Globalisierung und Digitalisierung hat die Idee der Wachstumsrücknahme aber deutlich an Schärfe gewonnen. Dringlicher denn je stellt sich die Frage, wie Gestaltung zu neuen Entwürfen von Gesellschaft und Stadt beitragen kann, die nicht auf zunehmende Produktion und steigenden Konsum ausgerichtet sind. Wie lassen sich Prozesse, Situationen und Systeme denken, die neue Handlungs- und Gestaltungsspielräume jenseits des Wachstumsparadigmas eröffnen? Wie sieht ein „Re-Design“ des Verhältnisses von Rohstoff und Erzeugnis aus? Kann Gestaltung eine Mäßigung, wenn nicht gar eine Umkehr von Wachstumsprozessen erreichen? Welche neuen Paradigmen im Design sind dafür notwendig?
Eine mögliche Antwort hierauf gibt der britische Anthropologe Timothy Ingold. Er fordert einen Perspektivenwechsel – weg von Objekten und Produkten als feste und endgültige Entitäten, und hin zu einer modellierten Umwelt als Kräftefeld und Kreislauf von Ressourcen, Energien und Stoffen. Wie würde ein solches Verständnis die Entwurfspraxis verändern? Wäre die Modellierung systematischer Ressourcenzusammenhänge und ihrer Dynamiken ein neues Arbeits- und Forschungsgebiet? Und gebieten diese Konzepte und Entwicklungen den angeprangerten Exzessen tatsächlich Einhalt oder übersetzen sie diese nicht vielmehr in andere, ebenfalls exzessiv betriebene Formen von Verzicht und Kontrolle?
Fachübergreifend diskutieren am 20. Mai 2016 Forscher/innen aus Design, Kunst und Architektur sowie Kultur- und Sozialwissenschaften, wie Gestaltung zu einem Reflexionsmedium und Experimentierfeld für die Entwicklung einer entwachsenden Gesellschaft werden kann.
Konzeption und Organisation:
Prof. Philipp Heidkamp und Prof. Dr. Carolin Höfler mit Oliver Köneke
Alle Vorträge werden in englischer Sprache gehalten.
Grow | Degrow.
Design between Excess and Calculus
Interdisciplinary Conference, Friday, May 20, 2016 at KISD
On Friday, May 20, 2016, KISD – Köln International School of Design will host the conference "Grow | Degrow. Design between Excess and Calculus." Scientists and designers will discuss the meaning of sustainability and post-growth economy from various interdisciplinary perspectives and will elaborate on experimental design positions and speculative projects on how to deal with finite resources.
Today, excess is ubiquitous, unmitigated, and absolute. Modern economy structurally subsists on immoderateness that manifests in high-risk finance economy, necessity of steady growth, demand for increasing profits, and immense consumption. Not only western societies face this tremendous ecological impact caused by high consumption of goods and resources – widely occurring without control, governance or taking into account long-term consequences. Persistent hopes that an economic growth can be sustainable or climate-friendly through technological progress continuously vanish.
At the same time, massive systemic changes lie ahead which are connected to the end of the historically unprecedented growth era that began 200 years ago as a result of industrialization. Climate change, shortage of fossil energy, demographic aging, and rationalizations in the service sector are primarily regarded as reasons for current and future shrinking processes which immediately have influence on politics, economy and society. Nevertheless, the logic of growth still appears to be attractive and without alternative. Growth seems to be a dogma and a promise, which is inherent in the primacy of performance and which measures success by the ability to continually surpass former accomplishments. In this sense, all actors of society are over and over urged to show top performances and to generate profitability and maximum output. However, protests against the permanent demand for growth are getting louder.
They are directed against the principle of persistent value increase, against the excess of mass consumption, against material waste, against environmental pollution. Until recently, and since the critical discussions of the environmental movements in the 1970s and 80s, there has not been such an intensified debate on how to properly deal with available resources. Numerous concepts and approaches offer promising perspectives on alternative forms for the current and future economy and its consumption of products, goods, fuels, and resources. As a consequence, the quest(ion) for resolutions is no longer addressed to natural and technical sciences alone, but also encompasses all design, art, cultural, and creative disciplines. Which particular role can design play in this wide-ranging structural economic and societal shift? How can design be grasped and understood in the "age of Man" – the "Anthropocene" – considered and understood as a specific geological layer characterized by the industrial society?
Efforts to escape these permanent needs and calls for economic growth and technological innovation are, at least since the publication of the critical report Limits of Growth by the Club of Rome (1972) and the first oil crisis (1973), also a subject and issue of design and its agenda. However, in the course of globalization and digitization, the idea of a shrinking economy and "degrowth" has become increasingly urgent and severe. The question of how design can contribute to new outlines of society and cities, which are not necessarily oriented towards rising production and increasing consumption, is more pressing than ever. How can processes, situations, and systems be comprehended and designed which open up new action patterns and scopes beyond the paradigm of growth? What is a "re-design" of the correlation between raw material and product? Can design achieve temperance and moderation in growth processes or even some reversal or turnaround? Which new paradigms in the discipline of design are necessary for this?
The British anthropologist Timothy Ingold gives a possible answer. He postulates a shift in perspectives – away from objects and products as fixed and ultimate entities, and towards a modeled environment as a force field and circulation system of resources, energies, and substances. How would, if embraced and realized, such an understanding change the practice of design? Can such a modeled system framed by interrelated connections of goods, resources, products and their interconnected dynamics maybe evolve into a new area of expertise and research? And can these approaches, concepts, and developments really stop the excessiveness and the need for more? Or do they just put these terms to another level and simply transform them into other kinds of renunciation and control – managed and operated under the same system of intemperance and excess?
On May 20, 2016, researchers from all disciplines, from design, art, architecture, culture, natural, technical, and social sciences will discuss how design can act as a medium of reflection and be an experimental ground for the development of a degrowing society.
Concept and organization:
Prof. Philipp Heidkamp and Prof. Dr. Carolin Höfler with Oliver Köneke
All presentations will be held in English language.